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Neues aus Kugelstadt & Kollegen

Steuergesetze unterliegen einem ständigen Wandel. Damit Sie jederzeit gut informiert sind stellen Ihnen unsere Mitarbeiter regelmäßig wissenswerte Neuigkeiten über das Steuergeschehen zusammen. Haben Sie Fragen zu aktuellen Änderungen in Sachen Steuern, Recht, Finanzen und Buchführung? Dann rufen Sie uns an!

 

Hinweise Juli 2023

A. ERTRAGSTEUERN
1.    Verkauf von Kryptowährungen
Gewinne aus der Veräußerung von Aktien und anderen Wertpapieren, die ab dem Jahr 2009 angeschafft wurden, unterliegen zeitlich unbegrenzt der Abgeltungsteuer mit 25 v.H. Wer andere privat erworbene Vermögensgegenstände, z.B. Edelmetalle oder Fremdwährungen, mit Gewinn verkauft, zahlt hierauf Einkommensteuer, jedoch nur, wenn zwischen An- und Verkauf nicht mehr als zwölf Monate liegen.
Umstritten war bisher, ob Gewinne aus der Veräußerung von Kryptowährungen, z.B. Bitcoin, Ethereum oder Monero, innerhalb von zwölf Monaten nach Anschaffung ebenfalls steuerpflichtig sind oder ob hier eine Gesetzeslücke vorliegt. Nun hat der Bundesfinanzhof die Sichtweise der Finanzverwaltung bestätigt (vgl. Hinweise Juli 2022 B.2.): Veräußerungsgewinne innerhalb der 12-Monats-Frist sind zu versteuern. Als Veräußerung gilt nicht nur der Verkauf der Kryptowährung gegen Euro, sondern auch der Tausch in Fremdwährungen, z.B. US-Dollar, und andere Kryptowährungen sowie die Verwendung als Zahlungsmittel. Wer die Veräußerungsgewinne in der Einkommensteuererklärung verschweigt, begeht eine strafbare Steuerhinterziehung.
Da die Finanzverwaltung verstärkt versucht, durch Auskunftsersuchen an die Krypto-Handelsplattformen festzustellen, ob die Nutzer der Plattformen ihre Veräußerungsgewinne ordnungsgemäß versteuern, können erfolgreiche Anleger nicht mehr damit rechnen, dass verschwiegene Gewinne den Finanzämtern auf Dauer verborgen bleiben. Aufgrund der strafrechtlichen Verjährungsfrist von bis zu 15 Jahren ab Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids wird angesichts der sich ständig weiterentwickelnden Ermittlungsmethoden der Steuerfahndung die Aufdeckung derartiger Steuerhinterziehungen immer wahrscheinlicher.

2.    Verkauf der gemeinsamen Wohnung an den dauernd getrennt lebenden Ehegatten
Der Verkauf eines Grundstücks im Privatvermögen unterliegt der Einkommensteuer, wenn seit dem Kauf nicht mehr als 10 Jahre vergangen sind. Von der Besteuerung ausgenommen sind Immobilien, die zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. Der Veräußerer muss das Haus oder die Wohnung selbst bewohnen, auch zusammen mit seiner Familie oder dritten Personen, oder er überlässt die Wohnung unentgeltlich einem Kind, für das er Anspruch auf Kindergeld hat, z.B. ein studierendes Kind, das jünger als 25 Jahre ist. Schädlich ist jedoch die Überlassung an andere Angehörige, z.B. an die getrennt lebende Ehefrau, wenn der Veräußerer die Immobilie nicht auch selbst bewohnt.
In einem aktuellen Fall des Bundesfinanzhofs (BFH) hatte ein Ehemann vor Ablauf der 10-Jahresfrist seinen Anteil an der ehelichen Wohnung im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung mit Gewinn an seine geschiedene Ehefrau veräußert. Der Ehemann war bereits zwei Jahre vor der Scheidung aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Die Ehefrau bewohnte das Objekt weiterhin gemeinsam mit dem minderjährigen Sohn. Laut BFH unterliegt der Veräußerungsgewinn der Einkommensteuer, weil der Ehemann die Wohnung nach dem Auszug nicht mehr selbst genutzt hat. Die Überlassung an den Sohn wäre an sich unschädlich gewesen. Weil die Wohnung jedoch auch an die dauernd getrennt lebende Ehefrau überlassen wurde, musste der Ehemann den Veräußerungsgewinn versteuern.
Die Besteuerung hätte vermieden werden können, wenn die Wohnung noch im Jahr des Auszugs an die Ehefrau verkauft worden wäre oder wenn die Eheleute mit der Vereinbarung des Grundstücksverkaufs gewartet hätten bis zum Ablauf der 10-Jahresfrist.

3.    Parkplätze für Arbeitnehmer
Können Arbeitnehmer am Arbeitsort kostenlos auf Parkplätzen des Arbeitgebers parken, bleibt die Überlassung lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei, denn sie liegt nach Auffassung der Finanzverwaltung im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber die Parkplätze gemietet hat, z.B. in einem Parkhaus am Firmensitz.
Das Niedersächsische Finanzgericht kommt zu einem anderen Ergebnis, wenn die Arbeitnehmer gebührenpflichtig bei einem fremden Parkplatzbetreiber parken und der Arbeitgeber die Parkgebühren erstattet. In dem entschiedenen Fall hatte eine Krankenhaus-GmbH versucht, ein unbebautes Grundstück in der Nähe der Klinik zu kaufen, um es als kostenfreien Parkplatz an Mitarbeiter zu überlassen. Der Grundstückseigentümer wollte jedoch die Parkgebühren selbst vereinnahmen und lehnte einen Verkauf ab. Um die Mitarbeiter dieser Klinik gleich zu behandeln wie die Mitarbeiter anderer Standorte mit eigenen Parkmöglichkeiten, erstattete das Krankenhaus seinen Arbeitnehmern die Parkgebühren. Das Finanzgericht beurteilte die Erstattungen als lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn.
Da die Krankenhaus-GmbH trotz Hinweis ihres Steuerberaters die Erstattungen in den Lohnabrechnungen nicht als steuer- und sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn behandelt hat, liegt eine vorsätzliche Steuerverkürzung vor. Bei 300 Mitarbeitern, die arbeitstäglich eine Erstattung bekamen, betrug die Steuerverkürzung über 50.000 € jährlich. In solchen schweren Fällen der Steuerhinterziehung droht den GmbH-Geschäftsführern eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren. Außerdem haften die Geschäftsführer persönlich für die nicht einbehaltene Lohnsteuer, denn sie haben die steuerlichen Pflichten der GmbH vorsätzlich verletzt.
Die vorsätzliche Verkürzung von Sozialversicherungsbeiträgen verjährt erst nach 30 Jahren. Sie kann mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bestraft werden.
Lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei ist die Erstattung von Parkgebühren, die auf einer Dienstreise des Arbeitnehmers anfallen. Parkgebühren auf Dienstreisen gehören zu den abschließend im Einkommensteuergesetz genannten Werbungskosten, die vom Arbeitgeber steuerfrei ersetzt werden können.

4.    Handys für Arbeitnehmer
Die Überlassung von betrieblichen Computern und Handys an Arbeitnehmer ist lohnsteuerfrei, selbst wenn die Geräte von den Arbeitnehmern ausschließlich privat genutzt werden. Steuerfrei ist auch die Übernahme der Mobilfunkgebühren durch den Arbeitgeber, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber selbst Mobilfunkverträge für die überlassenen Geräte abschließt oder ob er die Kosten aus den Verträgen der Arbeitnehmer erstattet. Voraussetzung für die Befreiung ist jedoch, dass die Geräte dem Arbeitgeber gehören oder von ihm gemietet wurden. Die Übernahme der Kosten eines privaten Handys des Arbeitnehmers ist nicht lohnsteuerfrei. Laut Bundesfinanzhof (BFH) ist es allerdings unschädlich, wenn der Arbeitgeber das gebrauchte Handy eines Arbeitnehmers für 1 € erwirbt, um es ihm direkt anschließend zur privaten Nutzung zurückzuüberlassen. Obwohl der Erwerb offensichtlich nur erfolgt, um den Arbeitgeber zum Eigentümer des Geräts zu machen und damit die Steuerbefreiung zu erlangen, sieht der BFH diese Gestaltung entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung nicht als rechtsmissbräuchlich an.

5.    Steuerabzug für Hausnotrufsysteme
Ausgaben für haushaltsnahe Dienstleistungen, z.B. für einen Fensterputzer oder Gärtner, können zu 20 v.H. von der Einkommensteuer abgezogen werden, wenn die Dienstleistungen im räumlichen Zusammenhang mit dem Privathaushalt erbracht werden. Zusammen mit Aufwendungen für Pflege- und Betreuungsleistungen sowie für sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse im Privathaushalt können jährlich bis 4.000 € als Steuerabzug geltend gemacht werden.
Für Heimbewohner steht schon seit Längerem fest, dass die Kosten für ein Notrufsystem abzugsfähig sind, wenn Notrufe bei einer Pflegekraft innerhalb des Heims eingehen, die dann selbst vor Ort erscheint und bei Bedarf die erforderliche Notfall-Soforthilfe übernimmt.
Noch nicht geklärt war bisher, ob auch ein Notrufsystem in der privaten Wohnung begünstigt ist. Dies hat der Bundesfinanzhof jetzt verneint. Gehen die Notrufe außerhalb des Wohnhauses bei einer Einsatzzentrale ein, die je nach Bedarf den Hausarzt, den Rettungsdienst oder Angehörige verständigt, besteht die Dienstleistung allein in der Annahme und Bearbeitung von Notrufen. Diese Leistung wird jedoch nicht im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht, sodass keine haushaltsnahe Dienstleistung vorliegen kann.

6.    Umbauten wegen Behinderung
Entstehen einem Steuerpflichtigen höhere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl anderer Steuerpflichtiger mit gleichem Einkommen, Vermögen und Familienstand, z.B. durch nicht erstattete Krankheitskosten, können diese als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden. Die Aufwendungen müssen zwangsläufig sein, d.h. der Belastete kann sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen. Der Abzug ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn ein Gegenwert erlangt wird.
Kosten für einen Gebäudeumbau aufgrund einer Behinderung können jedoch auch dann als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden, wenn durch die Aufwendungen ein Gegenwert entsteht, z.B. durch Wertsteigerung des Gebäudes. Der Gegenwert kann bei behinderungsbedingten Aufwendungen vernachlässigt werden. Der Abzug der außergewöhnlichen Belastungen wird jährlich um eine zumutbare Belastung gemindert, deren Höhe unter anderem vom Gesamtbetrag der Einkünfte des Steuerpflichtigen abhängt.
Beispiel: Anton erleidet 2021 einen Schlaganfall. Es wird ein Grad der Behinderung von 100 v.H. mit den Merkzeichen aG (außergewöhnlich gehbehindert) und H (hilflos) festgestellt. Um nach der Reha nicht in einem Pflegeheim wohnen zu müssen, lässt Anton 2022 das selbstgenutzte Einfamilienhaus behindertengerecht umbauen für 250.000 €. Anton kann diese Aufwendungen 2022 als außergewöhnliche Belastung abziehen, auch wenn sich der Wert des Einfamilienhauses durch den behindertengerechten Umbau erhöht. Außergewöhnliche Belastungen sind grundsätzlich nur im Jahr der Zahlung abzugsfähig, soweit sie die zumutbare Belastung übersteigen.
Nun hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Kosten für einen Gartenumbau nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden können. Im entschiedenen Fall hatte eine Hobbygärtnerin nach einer Erkrankung den Garten umbauen lassen, um künftig vom Rollstuhl aus in Hochbeeten Gemüse ziehen zu können. Der BFH hat in diesem Fall die fehlende Zwangsläufigkeit der Aufwendungen bemängelt. Der Umbau sei die Folge eines frei gewählten Hobbys.
Seit 2021 wird eine behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale von 900 € gewährt, wenn der Grad der Behinderung mindestens 80 v.H. beträgt oder mindestens 70 v.H. mit dem Merkzeichen G. Wird das Merkzeichen aG, H, BI (blind) oder TBI (taubblind) festgestellt, erhöht sich die Fahrtkostenpauschale auf 4.500 €.
Die Fahrtkostenpauschale wird zusammen mit anderen außergewöhnlichen Belastungen abgezogen, soweit die zumutbare Belastung überschritten wird. Wegen der Fahrtkostenpauschale sind behinderungsbedingte Umbaukosten eines Pkw nicht mehr zusätzlich als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Soweit die zumutbare Belastung überschritten wird. Wegen der Fahrtkostenpauschale sind behinderungsbedingte Umbaukosten eines Pkw nicht mehr zusätzlich als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig.


B.    SONSTIGES
1.    Umsatzsteuer bei Überlassung eines Fahrrads an Arbeitnehmer
In vielen Betrieben dürfen Arbeitnehmer betriebliche Fahrräder auch privat nutzen. Die Überlassung der Fahrräder durch den Arbeitgeber ist lohnsteuerfrei, jedoch grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig, d.h. der Arbeitgeber muss auf seine Ausgaben für die Fahrradüberlassung 19 v.H. Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen. Die Ausgaben können pauschal angesetzt werden mit monatlich 1 v.H. der unverbindlichen Preisempfehlung für ein neues Fahrrad. Beträgt bei Fahrrädern, die nicht kennzeichen-, versicherungs- oder führerscheinpflichtig sind, der „anzusetzende Wert" jedoch weniger als 500 € brutto pro Jahr, muss der Arbeitgeber laut Bundesfinanzministerium auf die Fahrradüberlassung keine Umsatzsteuer abführen (vgl. Hinweise April 2022 D.1.). Nun hat das Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern klargestellt, dass der „anzusetzende Wert" für die Ermittlung der 500 €-Jahresgrenze nicht der Jahreswert der Nutzungsüberlassung sei, sondern die unverbindliche Preisempfehlung. Beträgt diese über 500 €, was bei vielen Fahrrädern der Fall und bei Elektrofahrrädern die Regel ist, muss der Arbeitgeber für die Fahrradüberlassung Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen.

2.    Virtuelle Mitgliederversammlungen bei Vereinen
In der Mitgliederversammlung werden die Angelegenheiten des Vereins durch Beschlüsse geregelt, z.B. die Wahl des Vorstands, Satzungsänderungen, Entgegennahme von Berichten und Entlastungen. Alle teilnahmeberechtigten Mitglieder sind zur Mitgliederversammlung einzuladen. Es besteht aber kein Teilnahmezwang. Bisher mussten die Versammlungen grundsätzlich in Präsenz der Mitglieder abgehalten werden, es sei denn, die Satzung erlaubte eine virtuelle Durchführung. Wegen der Corona-Pandemie waren bis 31. August 2022 virtuelle Mitgliederversammlungen allerdings auch ohne Satzungsregelung zulässig. Seit 21. März 2023 sind aufgrund einer Gesetzesänderung drei Arten der Durchführung möglich:

  • als Präsenzversammlung = ausschließliche Anwesenheit am Versammlungsort,
  • hybride Durchführung = teilweise Anwesenheit am Versammlungsort und teilweise Teilnahme über elektronische Kommunikationsmittel oder
  • virtuelle Versammlung = ohne Anwesenheit am Versammlungsort ausschließlich Teilnahme über elektronische Kommunikationsmittel.


Eine virtuelle Durchführung ist nur zulässig, wenn die Mitgliederversammlung sie beschlossen hat. Eine Regelung in der Satzung ist nicht mehr erforderlich. Der Beschluss kann für nur eine Mitgliederversammlung, für einen gewissen Zeitraum oder auf unbestimmte Zeit gefasst werden. Wird eine Mitgliederversammlung ohne einen solchen Beschluss virtuell durchgeführt, sind Beschlüsse dieser Mitgliederversammlung anfechtbar innerhalb eines Monats seit Veröffentlichung des Protokolls.
Hybrid durchgeführte Versammlungen kann der Vorstand ohne weitere Voraussetzungen einberufen, denn die Mitglieder können auch persönlich an der Versammlung teilnehmen. Auf die Möglichkeit der Teilnahme über elektronische Kommunikationsmittel ist in der Einladung hinzuweisen.


3.    Änderungen bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts ab 2024

Die Regelungen des BGB zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGB-Gesellschaft oder GbR) orientieren sich bisher am Grundfall einer Gesellschaft, die als reine Innengesellschaft nur Schuldverhältnisse der Gesellschafter untereinander regelt, aber nicht nach außen auftritt. Ein Beispiel für eine solche nicht rechtsfähige GbR ist eine Kostenteilungsgemeinschaft, z.B. wenn von mehreren Nutzern einer Büroetage nur einer nach außen als Mieter auftritt, sich aber alle Nutzer die Kosten teilen. Für solche Innengesellschaften ergeben sich ab 2024 keine wesentlichen Änderungen. In der Praxis sind jedoch die meisten BGB-Gesellschaften darauf ausgerichtet, am Rechtsverkehr teilzunehmen und eigene Rechte und Pflichten zu begründen. Ab 2024 wird im BGB ausdrücklich unterschieden zwischen der nicht rechtsfähigen Innen-GbR und der rechtsfähigen Außen-GbR. Rechtsfähigkeit wird vermutet, wenn die GbR unter ihrem Namen ein Unternehmen betreibt, z.B. eine Architekten-GbR. Die rechtsfähige GbR kann wie bisher als Gesellschaft Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen. Neu ist, dass sie sich in ein Gesellschaftsregister eintragen lassen kann, vergleichbar der Eintragung einer OHG oder KG ins Handelsregister. Die Eintragung ins Gesellschaftsregister ist nicht zwingend; die Rechtsfähigkeit der GbR hängt auch nicht von der Eintragung ab. Allerdings ist insbesondere der Erwerb eines Grundstücks, eines GmbH-Anteils oder eines Patents durch die Gesellschaft ohne Eintragung der GbR ins Gesellschaftsregister in Zukunft nicht mehr möglich. Auch BGB-Gesellschaften, die bereits solche Rechte innehaben, müssen sich eintragen lassen, wenn das Grundbuch oder ein anderes Register geändert werden soll. Die Eintragung muss über einen Notar erfolgen.
Die eingetragene GbR tritt als eGbR auf und hat einen geschützten Namen. Ins Gesellschaftsregister eingetragen werden Name und Sitz der Gesellschaft, der Unternehmensgegenstand, die einzelnen Gesellschafter und ihre Vertretungsbefugnis, nicht jedoch ihre Beteiligungsquoten. Geschäftspartner der eGbR dürfen grundsätzlich auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Eintragungen vertrauen.
Bei Ausscheiden eines GbR-Gesellschafters durch Tod ohne Regelung im Gesellschaftsvertrag ab 2024 wird die GbR von den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt. Nach bisherigem Recht wird die Gesellschaft beim Tod eines Gesellschafters aufgelöst.
Hinsichtlich der Besteuerung der GbR sind keine Änderungen geplant, d.h. jeder Gesellschafter versteuert weiterhin bei der Einkommensteuer seinen Gewinnanteil mit seinem persönlichen Steuersatz.

4.    Gestaffelte Beiträge zur Pflegeversicherung
Nachdem das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass Eltern mit mehreren Kindern bei der Pflegeversicherung wegen ihres Erziehungsaufwands entlastet werden müssen, hat der Gesetzgeber mit einer Staffelung der Arbeitnehmerbeiträge zur Pflegeversicherung ab 1. Juli 2023 reagiert.
Der allgemeine Beitragssatz erhöht sich von 3,05 v.H. auf 3,4 v.H., der Zuschlag für Kinderlose ab 23 Jahren von 0,35 v.H. auf 0,6 v.H. Wie bisher wird der Zuschlag für Kinderlose von den kinderlosen Versicherten allein getragen. Der Arbeitgeberanteil beträgt bei allen Versicherten die Hälfte des allgemeinen Beitrags, d.h. 1/2 von 3,4 v.H. = 1,7 v.H.
Nach neuem Recht sinkt der Arbeitnehmeranteil für Arbeitnehmer mit mindestens zwei Kindern unter 25 Jahren. Eltern mit einem Kind unter 25 Jahren werden nicht entlastet.

Für Eltern mit mehreren Kindern unter 25 Jahren beträgt der Arbeitnehmeranteil seit 1 Juli 2023:

  • mit 2 Kindern                      1,45 v.H.,
  • mit 3 Kindern                      1,20 v.H.,
  • mit 4 Kindern                      0,95 v.H.,
  • mit 5 und mehr Kindern   0,70 v.H. statt bisher 1,525 v.H.


Kinder im Sinne der Pflegeversicherung sind leibliche Kinder, Adoptivkinder und regelmäßig auch Pflegekinder und Stiefkinder.
Der Nachweis von Kindern bis unter 25 Jahren kann bis 30. Juni 2025 durch einfache Mitteilung an den Arbeitgeber oder die Pflegekasse erbracht werden, danach müssen geeignete Urkunden vorgelegt werden, z.B. Geburtsurkunde oder Einkommensteuerbescheid. Ein Nachweis bis 31. Dezember 2023 wirkt auf den 1. Juli 2023 zurück. Die Geburt eines Kindes muss innerhalb von 3 Monaten nach der Geburt mitgeteilt werden, ansonsten gilt der niedrigere Arbeitnehmeranteil erst ab dem Folgemonat nach der Mitteilung. Wird der Abschlag bei den Arbeitnehmeranteilen irrtümlich nicht vorgenommen, sind die überhöhten Beiträge dem Arbeitnehmer bis 30. Juni 2025 zu erstatten.
Im Bundesland Sachsen gilt weiterhin eine Sonderregelung.

5.    Pflicht zur Arbeitszeiterfassung
Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 13.09.2022 (Az. 1 ABR 22/21) ein viel beachtetes Urteil zur Arbeitszeiterfassung in Deutschland gefällt.

Das Gericht hat in seinem Urteil festgestellt, dass Arbeitgeber in Deutschland die gesamte Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzuzeichnen. Demnach sind die Arbeitgeber nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) – in unionskonformer Auslegung – verpflichtet ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst wird.

Damit hat das Bundesarbeitsgericht verbindlich entschieden, dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14.05.2019 (EuGH Rs. C-55/18 CCOO) auch von deutschen Arbeitgebern zu beachten ist.

Der Europäische Gerichtshof hatte entschieden, dass die Mitgliedsstaaten die Arbeitgeber verpflichten müssen, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzurichten, mit dem die täglich geleistete Arbeitszeit einer jeden Arbeitnehmerin und eines jeden Arbeitnehmers gemessen werden kann.

Bisher verpflichtet § 16 Abs. 2 des Arbeitszeitgesetzes den Arbeitgeber zur Aufzeichnung der werktäglichen Arbeitszeit über acht Stunden sowie der gesamten Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen. Außerdem hat der Arbeitgeber die Arbeitszeitnachweise mindestens zwei Jahre aufzubewahren und auf Verlangen der Aufsichtsbehörden vorzulegen oder zur Einsicht zuzusenden. Auch nach § 17 des Mindestlohngesetzes musste bisher schon eine lückenloste Zeiterfassung für s.g. Minijobber erfolgen.

Festlegungen zum genauen Inhalt der Arbeitszeitdokumentation liegen noch nicht vor. Es ist vom Bundesarbeitsminister aber ein entsprechender Referentenentwurf zur Neufassung des Arbeitszeitgesetzes vorgelegt worden. Demnach soll insbesondere folgendes gelten:

  1. Der Arbeitgeber wird verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aufzuzeichnen.
  2. Die Aufzeichnung muss am Tag der Arbeitsleistung erfolgen.
  3. Die Erfassung der Arbeitszeit hat elektronisch zu erfolgen.
  4. Durch einen Tarifvertrag oder durch Betriebs- oder Dienstvereinbarungen kann von der elektronischen Erfassung abgewichen werden, um z.B. eine händische Dokumentation auf Papier zu ermöglichen. Auch kann dort geregelt werden, dass die Aufzeichnung an einem anderen, als dem Tag der Arbeitsleistung erfolgen kann. Spätestens aber bis zum Ablauf des siebten Tages.
  5. Bei Betrieben mit weniger als 250 Mitarbeitern besteht eine Übergangsfrist zur Einrichtung einer elektronischen Zeiterfassung von 2 Jahren, bei Betrieben mit weniger als 50 Mitarbeiter von 5 Jahren. Arbeitgeber mit bis zu 10 Mitarbeiter, Privathaushalte, die Hausangestellte beschäftigen, sind von der elektronischen Aufzeichnungspflicht dauerhaft ausgenommen.

 

Gleichwohl kann mit der Arbeitszeiterfassung nicht warten, bis die Änderungen des Arbeitszeitgesetzes in Kraft getreten ist, da nach dem oben zitierten Urteil des Bundesarbeitsgerichts bereits heute die gesamte Arbeitszeit zu erfassen ist.


Aktuell hat der Arbeitgeber daher noch einen großen Spielraum bei der Art des Erfassungssystems (Stechuhr, Zeiterfassungs-App, Excel-Liste, „Zettel und Stift“, …).


Das geforderte System der Arbeitszeiterfassung darf sich dabei aber nicht darauf beschränken den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit, einschließlich der Überstunden, zu erheben. Vielmehr müssen die Daten auch tatsächlich erfasst und somit aufgezeichnet werden. Dabei ist zu beachten, dass es nicht ausreicht ein solches System dem Arbeitnehmer zur freiwilligen Nutzung zur Verfügung zu stellen. Der Arbeitgeber muss die tatsächliche Nutzung vorschreiben und überwachen. Dabei ist wichtig darauf zu achten, dass die täglichen und wöchentlichen Höchstarbeitszeiten überprüfbar sind.


Ausgenommen von der Arbeitszeiterfassung sind aktuell wohl lediglich leitende Angestellte im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG, also insbesondere Geschäftsführer und Mitarbeiter mit, im Verhältnis zum Arbeitgeber, bedeutender Prokura. Dieser Umfang wird wohl auch in den anstehenden Gesetzesänderungen nicht wesentlich ausgeweitet. Laut der Gesetzesbegründung geht es dabei wohl im Wesentlichen nur um herausragende Experten oder Wissenschaftler, die nicht verpflichtet sind, zu festgesetzten Zeiten am Arbeitsplatz anwesend zu sein, sondern über den Umfang und die Einteilung ihrer Arbeitszeit selbst entscheiden können.


Aus unserer Sicht besteht hier dringender Handlungsbedarf.

Nachdem es sich hier allerdings im Wesentlichen um arbeitsrechtliche Vorschriften handelt, empfehlen wir vor der Umsetzung die Beratung durch einen Rechtsanwalt bzw. Fachanwalt für Arbeitsrecht einzuholen.

6.    Gericht: Kursleiter müssen in Rentenversicherung
Selbstständig tätige Kursleiter sind nach einer Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts rentenversicherungspflichtig. Ein gesetzlich geregeltes Berufsbild einer selbstständigen Lehrkraft sei dafür nicht maßgeblich. Lehrer im Sinne des Rentenversicherungsrechts seien Personen, die durch Erteilung von theoretischem oder praktischem Wissen anderen Personen Allgemeinbildung oder spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelten. Besondere Kenntnisse und Fähigkeiten des Lehrers seien nicht erforderlich. Die Revision wurde nicht zugelassen. In dem Fall forderte die Deutsche Rentenversicherung die Zahlung von Pflichtbeiträgen von einer Frau aus Südhessen, die Yogakurse an Volkshochschulen gibt. Diese klagte dagegen mit der Begründung, Yogakurse seien keine Lehrtätigkeit, sondern eine therapeutische Maßnahme. Die Richter beider Instanzen wiesen die Klage zurück. Eine Yoga-Kursleiterin vermittele Kenntnisse und Fähigkeiten und sei daher als Lehrerin tätig und rentenversicherungspflichtig. Volkshochschulkurse dienten der Weiterbildung und nicht der individuellen Heilbehandlung der Teilnehmer. Eine situationsbezogene Beratertätigkeit wie bei einer Unternehmens oder Lebensberatung liege nicht vor.

Mit freundlicher Empfehlung

 

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